Im Dialog: Führung in Zeiten der digitalen Transformation

Der von mir sehr geschätzte Ingo Stoll von neuwaerts.fm hat mich interviewt zum Thema „Neue Führung in Zeiten der digitalen Transformation“. Wer ein bisschen Muße hat, hört sich hier den Podcast an und erfährt dort, dass Ashton Kutcher glatt vergessen hat, ihm zur Geburt seines Sohnes zu gratulieren. Und Vieles zum Thema Führung in Zeiten digitaler Geschäftsprozesse.

Hier ein kleiner Ausschnitt aus unserem Gespräch:

Frage: „‚War for Talents‘: Ist das die Diskussion um die Jungen, oder ist das gar keine Altersfrage mehr?“

Willms Buhse: „Herzlich Willkommen, liebe Digital Natives jeden Alters! Es gibt in den älteren Semestern genauso Leute, die sehr offen sind und sich sehr gern einbringen, wie es in den jüngeren Altersschichten Leute gibt, denen Qualität und Sicherheit wichtig sind. Trotzdem kann man erkennen, dass sich das, was wir als Werte betrachten, bei den älteren und erfahrenen Mitarbeitern sehr stark ausrichtet an Themen wie Qualität, Sicherheit, Datenschutz und persönliche Kontakte. Der Anspruch an Arbeiten und Geführtwerden ist anders als bei den eher jüngeren, denen es um globale und virtuelle Kontakte, Schnelligkeit, Vernetzung und Offenheit geht.

Problem Risikobereitschaft

Wir sehen bei Firmen, die aus dem Industriezeitalter kommen wie Daimler oder Bosch, dass die sehr stark geprägt sind von den Werten, die das Produkt ausmachen. Und das überträgt sich auf die Firmenkultur. Und damit komme ich zu der Frage, wie viel Risiko solche Unternehmen bereit sind einzugehen, wenn es um Innovationen geht. Damit lässt sich schlecht etwas entwickeln.“

Neuwaerts

 

Was in dieser kurzen Sequenz deutlich wird: Sicherheit bringt starke Kontrollmechanismen mit sich und ein sehr hoher Qualitätsanspruch bedeutet, dass Prozesse langsamer vonstattengehen. So übertragen sich die klassischen Werte aus dem Industriezeitalter auf das digitale Zeitalter und da knallt es dann häufig. Gelernt habe ich da einiges in der Zusammenarbeit mit Netflix, die auf das Konzept Rapid Recovery setzen – also lieber schnell von Fehlern erholen als zu versuchen, alle Fehler zu vermeiden.

Customer Service als Führungsaufgabe

Später, nach Ausflügen zu meinen Erfahrungen zum Beispiel bei Coremedia, Otto und Lufthansa sprechen wir über einen anderen wichtigen Aspekt: Customer Service. Wir sprechen über die Frage, ob ein Unternehmen so geführt wird, dass den Mitarbeitern im Kundenservice ausreichend Entscheidungsfreiraum gegeben wird, um die von ihm betreuten Kunden zufrieden zu stellen.  Das fängt damit an, ob ein Mitarbeiter einem Kunden einen Blumenstrauß zukommen lassen kann, obwohl es dafür weder ein passendes Formular noch eine Möglichkeit der korrekten Abrechnung gibt. So geschehen bei Zappos, einem innovativen online Schuhhändler. Eine Frau hatte angerufen und gefragt, ob sie die von ihrem Mann bestellten Schuhe zurückschicken könne. Als der Kundenbetreuer fragte, was das Problem sei, erzählte sie ihm, dass ihr Mann verstorben war.  Wir alle wissen, wie die meisten deutschen Handelsunternehmen reagieren würden: mit einem Gutschein. Hier wollte der Mitarbeiter aber einen Blumenstrauß schicken und es war kein Problem, dies per Firmenkreditkarte auch zu tun. Kein deutsches Call Center würde einem Mitarbeiter diese Möglichkeit bieten!

„Employees First, Customer Second“

Hinter diesem Bespiel stehen nicht nur Werte und Prozesse, sondern auch ein Führungsaspekt: Kann ich mein Unternehmen so führen, dass solche Dinge möglich sind? Wie viel Vertrauen habe ich in meine Mitarbeiter, ihnen eine Entscheidung über 20 Euro zuzutrauen? „Employees First, Customer Second“ ist der Begriff, der hier greift. Dabei geht es aber nicht um die Kuschelatmosphäre oder das Glück der Mitarbeiter, sondern es geht um ihr Engagement. Für Glück können Führungskräfte schließlich keine Verantwortung übernehmen, wohl aber für die Entscheidungsfreiheit ihrer Mitarbeiter! Und natürlich gilt das nicht als Selbstzweck, sondern es muss am Ende darum gehen, auf diese Weise die Kunden des Unternehmens zufrieden zu stellen.

Ich danke Ingo Stoll herzlich für das tolle Interview und die schöne Aufbereitung von neuwaerts.fm! Wer mehr erfahren möchte über die von uns besprochenen Themen meldet sich gern bei uns bei doubleYUU. Und wer sich vorher schlau machen möchte, liest mein 2014 erschienenes Buch „Management by Internet“.

Willms Unterschrift

Über den Autor: Willms Buhse

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Dr. Willms Buhse, CEO und Gründer von doubleYUU, bringt mit Digital Leadership die Innovationen des Silicon Valley in die Büros der deutschen Führungsetagen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Top-Manager zählen zu seinen Kunden. Er hält Vorträge in Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an deutschen Elite-Universitäten in Berlin, München oder Hamburg. Dr. Willms Buhse gilt über deutsche Grenzen hinaus als Vordenker der digitalen Elite. Wie kein Zweiter versteht er es, Ideen und Impulse aus der digitalen Welt auf die Realität deutscher Unternehmen zu übertragen.