Vernetzte Fahrzeuge und Unternehmen: Ein Kongress beleuchtet die Digitale Transformation

Wie gelingt der Digitale Wandel, und was bedeutet er für Gesellschaft und Wirtschaft? Mit besonderem Fokus auf die Maschinenbau- und die Automobilindustrie wurde bei dem Kongress „Digitaler Wandel“ unter der Regie des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann über diese Fragen im ZKM in Karlsruhe diskutiert.

Besonders spannend war das Panel zum Thema „Vernetztes Auto“. Professor Willi Dietz vom Institut für Automobilwirtschaft wies hier darauf hin, dass das Geschäft mit den Autos sich gerade massiv wandelt. Noch entschieden sich Kunden aufgrund technologischer Komponenten wie dem Motor oder dem Fahrwerk und aufgrund des eigenen Fahrerlebnisses für ein Auto. „Was aber passiert durch die immer stärkere Systemführung durch Assistenzsysteme bis hin zum autonomen Fahrzeug? Wird Kunde dann in erster Linie fragen: ‚Wie sitzt es sich in diesem Auto?‘ Über solche Fragen muss die Industrie nachdenken. Wo sieht man in Zukunft die Differenzierungsfaktoren?“ Und schaffen es Player wie Google oder Apple durch ihre Fahrzeug-Systeme, zentrale Teile der Wertschöpfungsketten zu sichern? Werden sie – und nicht die Namen von BMW und Co. – das zentrale Identifikationsmerkmal, auf das der Autokunde von morgen achtet? Bisher sind Executives aus der Autoindustrie, die wie beispielsweise Noveros CEO Freddie Geier nach Antworten auf diese Fragen suchen, nicht die Regel.

SVV3 „Als Zulieferer erleben wir diesen Shift auch“, sagte Dr. Stefan Sommer, Vorsitzender des Vorstands von ZF Friedrichshafen. „Bisher haben wir Hardware verkauft. Jetzt geht es darum, Funktionen zu entwickeln. Dazu müssen wir den Endkunden verstehen.“

Die Antwort auf diese Entwicklungen – die auch den Wettbewerb durch neue Mobilitätsanbieter wie Uber beinhaltet – will Daimlers VP Strategy Wilko Stark durch den Aufbau neuer Geschäftsmodelle finden. Dazu gehört auch der Aufbau eines Ökosystems rund um das Fahrzeug – mit Apps und Services, so wie Apple es vormacht. „Apple macht Gewinn mit der Hardware. Die Vorraussetzung dafür ist, dass Apple es mit seinem Ökosystem dem Kunden immer schwerer macht, das Produktsystem zu wechseln. Deutlich wurde in den vielen Beiträgen aber auch, dass kaum ein anderes Unternehmen so konsequent den Digitalen Wandel nutzen will, um sich neu zu erfinden.

SVV2 Insofern passte unser Beitrag gut zur Tagung. Es war ein Impulsvortrag, in dem ich kleines How-to in drei Schritten vorstellte, wie Unternehmen der Start in die Digitale Transformation gelingt.

Damit Veränderungs- vorhaben nicht vorzeitig ausgebremst werden oder Projektteams in Konflikte kommen (was natürlich auch die Lust dieser Beteiligten, die Transformation voranzutreiben, gegen Null gehen lässt), starten wir oft mit einer Digital Transformation Diagnosis. Wir kartographieren mit Hilfe von Befragungen, Interviews und Online-Surveys das Unternehmen und ermitteln, wie ausgeprägt welche Digital-Skills in welchen Teilen des Unternehmens sind und wo die Veränderungsbereitschaft eher groß oder eher gering ist. So wissen wir, wo wir welche Projekte mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit starten können.

Im zweiten Schritt ging es um Digital Leadership: Kontinuierlich sicherzustellen, dass die Führung Transformationsprojekte mitträgt und einen Digital Mindset vorlebt, ist ebenfalls Teil der Arbeit. Dabei sind es oft Maßnahmen wie ein Vorstandsblog, die keinen gigantischen Ressourceneinsatz erfordern, aber oft eine tolle Wirkung entfalten – etwa weil sie den Mitarbeitern die Sicherheit geben, dass vernetztes Denken und Dialog im Unternehmen gewünscht sind.

Im dritten Schritt ging es darum, im Digital Age die Kundenbeziehungen neu zu knüpfen – durch einen absoluten Kundenfokus, wie ihn Startups vorleben, der Maßstab für alle Aktivitäten und Veränderungen sein sollte. Schon die unprofessionelle Art und Weise, wie sich die meisten deutschen Professionals in digitalen Business-Netzwerken präsentieren, zeigt, dass hier allerdings noch viel Arbeit zu tun ist.

Daran schloss sich eine tolle Diskussion an, bei der es darum ging, wie man den Digital Mindset in den Unternehmen stärker verankern kann.

Wie können deutsche Startups stärker mit VC-Kapital versorgt werden, fragte zudem Dr. Hendrik Brandis, Gründer von Earlybid, einer der wenigen deutsche VC-Firmen. Die Vorteile intelligenter Datenauswertung und flexibler Produktion stellte Dr. Tanja Rückert von SAP anhand des Beispiels Harley Davidson vor: Das Unternehmen produziert inzwischen so flexibel, dass Kunden vormittags aus 1.700 Modellvarianten wählen können und die Wunschmaschine dann nachmittags abgeholt werden kann.

Ministerpräsident Kretschmann übrigens besuchte wie alle anderen Kongressteilnehmer Panels bis zum Schluss, statt sich nach ein paar Eröffnungsworten zu verabschieden. Diese Beobachtung hat mir das Gefühl vermittelt, dass hier jemand die Bedeutung des Themas Digitaler Wandel verstanden hat und das Thema ernst nimmt. Wir dürfen gespannt sein, welche Impulse er für seine aktuelle Reise ins Silicon Valley mitgenommen hat und was in Sachen Digital im Ländle bald alles geht.

Hier noch die Slides. Ich freue mich über Ihr Feedback.

Über den Autor: Willms Buhse

Avatar photo
Dr. Willms Buhse, CEO und Gründer von doubleYUU, bringt mit Digital Leadership die Innovationen des Silicon Valley in die Büros der deutschen Führungsetagen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Top-Manager zählen zu seinen Kunden. Er hält Vorträge in Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an deutschen Elite-Universitäten in Berlin, München oder Hamburg. Dr. Willms Buhse gilt über deutsche Grenzen hinaus als Vordenker der digitalen Elite. Wie kein Zweiter versteht er es, Ideen und Impulse aus der digitalen Welt auf die Realität deutscher Unternehmen zu übertragen.