Von Print- zu Kundenorientierung – Regionalzeitungen brauchen neue Konzepte

Im digitalen Zeitalter sollten Verlage mehr denn je bemüht sein, ihre Medien an Nutzer auszurichten und sich Vorstellungen von ihrem Publikum zu machen. In der Praxis beobachte ich aber häufig, wie Zeitungen an einer kontinuierlichen Auseinandersetzung mit Kunden und ihren Informations- und Kommunikationsbedürfnissen scheitern.

Neulich präsentierte einer der innovativsten Verlage aus Skandinavien seine Strategie – eine runde Sache, aber den Kunden sucht man vergeblich auf dem Chart! Das Strategiechart scheint mir ein Sinnbild für die aktuelle Lage vieler Verlagshäuser. Ausgangspunkt ist meist: Wie bekommen wir unsere Inhalte ins Netz? Nicht: Was braucht der Kunde?

Dabei sollten Publishingkonzepte im digitalen Zeitalter Print, Web und soziale Medien intelligent miteinander kombinieren und den Lesern Mehrwert schaffen, oder sehen Sie das anders?

Vergangene Woche war ich für eine Keynote zu einer exklusiven Konferenz der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg) zu Gast. Mit anschaulichen Beispielen im Gepäck erklärte ich, wie sich Regionalzeitungen durch Management by Internet an die Innovationskultur der digitalen Gesellschaft anpassen können. Im Anschluss ging es für mich in ein Podium, um mit den anwesenden Chefredakteuren und Ressortleitern zu diskutieren, was und wie Regionalzeitungen aus dem Silicon Valley lernen können.

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Meine Kernthese: Die Digitale Transformation in Zeitungshäusern gelingt dann, wenn Redaktionen die Erfolgsmuster des Internets nach VOPA – Vernetzung, Offenheit, Partizipation und Agilität – auf ihre Produkte und Arbeitskultur übertragen. Zudem liegt der größte Wettbewerbsvorteil von Regionalzeitungen in ihrer örtlichen Nähe und lokalen Kompetenz. Diese Stärken ermöglichen es nicht nur, Geschäftsfelder jenseits des klassischen Verlagsgeschäfts zu erschließen. Mehr noch: Regionalzeitungen können mit Redaktions- und Serviceangeboten noch näher am Kunden sein und Inhalte produzieren, die das Leben der Leser wirklich bereichern!

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Um den Anschluss an die Digitalisierung nicht zu verlieren, müssen Regionalzeitungen mit ihren Produkten und Services zu neuen Ufern aufbrechen, noch näher an ihre Leser rücken und sich in einen Lernprozess zur vernetzten Zusammenarbeit begeben. Schließlich geht Digitale Transformation auch mit einem Wandel in der Arbeits- und Fehlerkultur von Zeitungsredaktionen einher. So legen Digital Natives im Gegensatz zu den Paper Natives viel Wert auf vernetzte Zusammenarbeit, Feedback und persönliche Weiterentwicklung.

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Wenn es darum geht, lange Abstimmungsschleifen effektiver zu gestalten, können agile Managementmethoden wie Kanban und Stand-up Meetings Abhilfe schaffen. Partizipative Co-Creation-Formate wie FedExDays eignen sich, um agil Lösungen zu erarbeiten und umzusetzen.

Freiraum für VOPA schaffen und auf Kundenbedürfnisse zusteuern – so lautet meine Devise! Ich werde die Digitale Transformation von Regionalzeitungen mit Spannung weiterverfolgen und würde mich freuen, wenn der nächste ddvg-Workshop als OpenSpace oder BarCamp stattfindet.

Über den Autor: Willms Buhse

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Dr. Willms Buhse, CEO und Gründer von doubleYUU, bringt mit Digital Leadership die Innovationen des Silicon Valley in die Büros der deutschen Führungsetagen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Top-Manager zählen zu seinen Kunden. Er hält Vorträge in Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an deutschen Elite-Universitäten in Berlin, München oder Hamburg. Dr. Willms Buhse gilt über deutsche Grenzen hinaus als Vordenker der digitalen Elite. Wie kein Zweiter versteht er es, Ideen und Impulse aus der digitalen Welt auf die Realität deutscher Unternehmen zu übertragen.