Deutsche haben Genuss-Probleme – Gedanken an Arbeit erzeugen schlechtes Gewissen
Jetzt haben wir es schriftlich: Deutschen fehlt das „Joy-Gen“. Sie können oftmals nicht so genießen und Spaß haben wie sie wollen. Dabei stehen sie sich selbst im Weg mit dem Bedürfnis, sich ihren Genuss zuvor verdienen zu müssen und einem zu hohen Anspruch an sich selbst.
Das Umfrage-Institut Rheingold hat im Auftrag von zwei Genussmittel-Herstellern jeweils 503 Männern und Frauen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren zum Thema Genuss befragt. Trotz des offensichtlich auf unterschwellige Werbewirkung bedachten Hintergrunds der Befragung lassen sich interessante Impulse aus ihr gewinnen.
1. Genuss ist unbestritten erstrebenswert: Für 91 Prozent der Befragten macht Genuss das Leben lebenswert, während kein einziger Proband sagte, dass Genuss in seinem Leben unwichtig sei.
2. Es gibt Generationsunterschiede beim Genießen: Ganze 55 Prozent der jüngeren Teilnehmer gaben an, seltener etwas genießen zu können, dagegen aber nur 40 Prozent der älteren.
3. Ohne Arbeit kein Genuss: 81 Prozent der Menschen in Deutschland fällt es leichter zu genießen, wenn sie vorher etwas geleistet haben.
4. Trotz Anstrengung gibt es keine Garantie auf Genuss: Auch wenn die Befragten sich vor einem Genuss anstrengen ist nicht sicher, ob die Anstrengungen später durch das Genusserleben wieder aufgewogen werden. Wenn die betreffende Person das Gefühl hat, dass Voraussetzungen oder Rahmenbedingungen nicht gestimmt bzw. gereicht haben, bleibt „ein schales Gefühl“ zurück. Mit diesem schlechten Gewissen machen wir uns also viel zu oft selbst die Entspannung kaputt.

Impression eines zu lange zurückliegenden Urlaubs auf einer spanischen Insel. Foto: J. Dethlefs
Was macht das Thema Genuss interessant für uns? Zeitgemäßes Management ist nicht nur auf schnelle Ergebnisse sondern auf Nachhaltigkeit ausgelegt und hierbei spielt der Einklang aus beruflichem und privatem Glück für die Mitarbeiter aller Hierarchie-Stufen eine zentrale Rolle. Wir von doubleYUU betonen gegenüber unseren Kunden immer wieder, dass die technische Innovation bei der Einführung von Enterprise 2.0-Tools nur die halbe Miete auf dem Weg zu einem Social Business ist. Es reicht meist nicht für einen dauerhaften positiven Wandel, die bisherigen Arbeitsprozesse auf einer neuen Plattform digital abzubilden. Stattdessen muss die technische Umstellung mit einem nachhaltigen kulturellen Wandel mit Orientierung auf die Werte Transparenz, Partizipation und Agilität einhergehen.
Flexibilität als Grundlage für das Glück der Mitarbeiter
Enterprise 2.0-Tools schaffen die notwendige Flexibilität, um Mitarbeiter je nach Position und Aufgabenbereich auch mal von auswärts arbeiten zu lassen. Wenn es nötig ist, lassen sich Aufgaben auch aus einem Café, vom Büro eines Kunden aus, oder von zu Hause erledigen. Technisch ist das seit längerem problemlos möglich und wird durch eine wachsende Zahl von ausgefeilten Cloud-Lösungen unterstützt, mit denen sämtliche Unterlagen überall zur Verfügung stehen, wo ein Internetanschluss vorhanden ist. Ein nachhaltiges Management gibt dann durch faire aber deutliche Regelungen den Mitarbeiter die Möglichkeit, diese neuen Freiheiten ausschöpfen und die gewonnene Flexibilität zu nutzen z.B. wenn ein Kind krank ist oder zu Hause ein wichtiger Handwerker-Termin ansteht.
Urlaubsplanung als Herausforderung für viele Unternehmen
Urlaub ist auch der erwähnten Befragung zu Folge eine hervorragende Ausgangsbasis für Genuss. Dort sehnen sich 80 Prozent der Befragten zumindest gelegentlich nach Genussmomenten, in denen sie alles um sich herum vergessen können. Und dieser Ausbruch nicht nur aus dem beruflichen sondern auch aus dem privaten Alltag funktioniert am ehesten bei einem Ortswechsel, wie er in der Regel nur an Feier- und Urlaubstagen möglich ist. In der Realität scheint jedoch das Thema Urlaubsplanung in vielen Betrieben eine erstaunlich große Herausforderung darzustellen. Obwohl wir bereits der Jahresmitte entgegen blicken, haben mir z.B. in den letzten Wochen unabhängig voneinander drei Führungskräfte aus unterschiedlichen Unternehmen erzählt, dass sie noch Urlaubstage vom letzten Jahr ausstehen haben. Bei einem sind es sogar noch zwei volle Wochen, die er dringend nehmen müsste, bevor sie verfallen. Aber als Projektleiter ohne adäquaten Stellvertreter für ein paar Tage oder Wochen nicht in der Firma zu sein, ist eben leichter gesagt als getan. Im Begriff „Social Business“ steckt nicht umsonst das Adjektiv „Social“: Unternehmen sind angehalten, ihre Prozesse so zu planen, dass die Mitarbeiter möglichst unabhängig ihre Freizeit gestalten und dort einen Ausgleich zum Berufsalltag finden können. Wenn also zum Beispiel unvorhergesehene Umstände Überstunden und Wochenendarbeit mit sich bringen, muss durch Ausgleichstage die Möglichkeit gegeben werden, die persönlichen Akkus wieder aufzuladen.
Doch am Ende zählt die Eigenverantwortung bei der Freizeitgestaltung
Natürlich stehen Unternehmen bei Aspekten wie der Urlaubsplanung und Regelungen bezüglich der Arbeit von unterwegs in der Verantwortung. Aber diese Verantwortung hat auch ihre Grenzen wenn es das Privatleben der Mitarbeiter betrifft. Am Ende ist jeder von uns selbst dafür verantwortlich, seine Freizeit bestmöglich zu gestalten und möglichst viel Zeit mit denjenigen Tätigkeiten zu verbringen, die ihm persönlich die größte Befriedigung verschaffen. Und ebenso sind wir ganz allein dafür zuständig, uns den Kopf frei zu machen und abends oder am Wochenende nicht so sehr an die Arbeit zu denken, dass dies unsere Entspannung beeinträchtigt. Dies kann uns auch mit Enterprise 2.0-Tools und Change Management-Methoden kein Arbeitgeber abnehmen. Insofern mag die erwähnte Befragung dem einen oder anderen Leser auch als Impuls dienen, die eigenen Denkmuster zu reflektieren und vielleicht mal bewusst etwas neues auszuprobieren, um doch noch das verloren geglaubte „Joy-Gen“ bei sich zu entdecken.
Die Wichtigkeit der Eigenverantwortlichkeit stimmt für mich – Urlaub ist sicherlich auch eine hervorragende Ausgangsbasis für Genuss – ABER viel zu selten und mein „Standardgenuss“ ist deshalb zum Glück häufiger und auch an „normalen“ Orten – selbst eine gut zubereitete Spargelmahlzeit in der Mittagspause auf der Arbeit kann das sein.