Zwei Jahre und kaum Verbesserung in der Transformation: In den Köpfen vieler Führungskräfte löst sich keine digitale Handbremse

In den meisten deutschen Großunternehmen zählt die digitale Transformation aktuell zu den drei wichtigsten Themen. Allerdings herrscht eine enorme Diskrepanz zwischen der Eigenwahrnehmung der Unternehmen und den realen Herausforderungen durch die Digitalisierung. So die Ergebnisse einer aktuellen Studie der GfK. Doch neu sind diese Erkenntnisse nicht.

Wie erfolgreich gestalten Unternehmen in Deutschland die digitale Transformation für sich? Allem Anschein nach gut, denn fast jedes zweite Großunternehmen in Deutschland sieht sich aktuell „sehr gut“ oder „gut“ für die digitale Transformation aufgestellt. Doch nur 28 Prozent von ihnen verstehen den Begriff der Transformation überhaupt als grundlegenden Wandel von Geschäftsmodellen und Werten, der Rest denkt eher an IT-Projekte. Sollten wir über diesen Punkt nicht schon hinaus sein? Daraus ergibt sich natürlich auch ein fataler Denkfehler: Während jeder zweite Großunternehmer Transformationsbedarf in seiner Branche beobachtet, sehen gerade mal 21 Prozent selbigen im eigenen Geschäftsmodell. Zu diesem Schluss kommt die Studie „Digitale Transformation 2018 – Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven“der GfK.

Die bittere Folge: Der fehlende Abgleich von Fremd- und Selbstwahrnehmung sowie ein falsches Verständnis der Transformationsnotwendigkeit lassen Unternehmen in der Umsetzung der digitalen Transformation straucheln. Dass sich etwas in den Köpfen der Macher bewegt, ist essentiell für den späteren wirtschaftlichen Erfolg. Wie wenig sich aber tatsächlich getan hat, zeigt ein Blick in die Vergangenheit. Vor sage und schreibe zwei Jahren sind wir mit Ingo Stoll im Transformationswerk Report schon zu sehr ähnlichen Ergebnissen gekommen. Das Kernergebnis unseren Reports von 2016 war nämlich ebenfalls die „Selbstüberschätzung des Managements und zahlreiche unternehmerische Defizite“. Denn obwohl sich 90 Prozent der Befragten aus allen Unternehmensbereichen darin einig waren, dass es bei der digitalen Transformation um die Zukunftssicherung des Unternehmens geht, schätzten Management und Mitarbeiter dieses Thema sehr unterschiedlich ein. Während die Vertreter der Unternehmensführungen ihre eigene digitale Kompetenz als hoch bis sehr hoch bewerteten (44%), vertraten die Mitarbeiter eine andere Perspektive: Nur 15 Prozent aller Befragten aus IT-, Marketing-, und Personalabteilungen schätzten ihre Chefs als digital kompetent ein. Auch bezüglich der Digitalisierung von Arbeitsprozessen (30% vs. 20%) und der Beteiligung der Mitarbeiter an relevanten Entscheidungen (53% vs. 18%) sah die Führungsebene sich weit positiver, als ihre Mitarbeiter. Nur 19 Prozent der befragten Mitarbeiter bescheinigten ihrer Führung gute oder sehr gute Werte in der internen Kommunikation.

Da scheint es kaum verwunderlich, dass viele Mitarbeiter gar nicht wissen, ob es in ihrem Unternehmen überhaupt eine digitale Strategie gibt. Während das Management über eine gute Vernetzung zu den einzelnen Bereichen verfügt, bleibt die Querschnittsvernetzung der Fachabteilungen untereinander mangelhaft. Die Selbst- und Fremdwahrnehmung des Managements unterscheiden sich gravierend und die Ergebnisse zeigten schon damals erschreckend deutlich, wie weit deutsche Unternehmen von einer vernetzten, offenen, partizipativen und agilen Unternehmenskultur entfernt sind.

Vergleicht man die Ergebnisse beider Studien fällt also leider eines auf: In zwei Jahren hat sich nur wenig in den Köpfen der deutschen Wirtschaft getan. Die Zahlen sprechen da für sich. Für mich ist aber klar: Um global wettbewerbsfähig zu bleiben und den Anschluss nicht zu verlieren, müssen deutsche Unternehmen ihr Transformationstempo entscheidend beschleunigen und die Führungskräfte ihre Lerngeschwindigkeit erhöhen. Natürlich müssen die entscheidenden Impulse durch das Management erfolgen, doch nur wenn die Transformation auf allen Ebenen ansetzt, kann sie auch gelingen. Mehr denn je ist es daher notwendig, weiter Aufbruchsstimmung zu verbreiten, konkrete Ansätze aufzuzeigen und die richtigen Rahmenbedingungen für die Transformation zu schaffen.

 

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Über den Autor: Willms Buhse

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Dr. Willms Buhse, CEO und Gründer von doubleYUU, bringt mit Digital Leadership die Innovationen des Silicon Valley in die Büros der deutschen Führungsetagen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Top-Manager zählen zu seinen Kunden. Er hält Vorträge in Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an deutschen Elite-Universitäten in Berlin, München oder Hamburg. Dr. Willms Buhse gilt über deutsche Grenzen hinaus als Vordenker der digitalen Elite. Wie kein Zweiter versteht er es, Ideen und Impulse aus der digitalen Welt auf die Realität deutscher Unternehmen zu übertragen.