Wie Ihr Unternehmen ein Schmetterling wird: 8 Dimensionen der Digitalen Transformation

Der Begriff „Digitale Transformation“ ist wohl derzeit einer der meist diskutierten, wenn es um Veränderungsprozesse in Unternehmen geht. Er enthält zwei Stolpersteine: Das Wort „Digital“ und das Wort „Transformation“. In unserer Beraterpraxis erfahren wir täglich: Wer einem Unternehmenslenker erklären will, warum die digitale Transformation für sein Unternehmen wirtschaftlich nicht nur relevant, sondern essenziell ist, muss den Begriff mit relevanten, machbaren Prozessen füllen. In unserer heute startenden losen Blogreihe  wollen wir das tun. Los geht’s mit einem Überblick.

Die digitale Transformation in Unternehmen besteht aus acht Dimensionen:

  1. Digital Leadership
  2. Digital Strategy
  3. Digital Customer Relationships
  4. Digital Products
  5. Digital Processes
  6. Social Collaboration
  7. Digital Mindset
  8. Digital Transformation Management

„Digital“ ist nur noch Ursache

Zunächst muss geklärt werden, was „Digital“ in diesem Zusammenhang überhaupt heißt. In vielen Köpfen ist damit nämlich noch immer ein technischer Aspekt verknüpft. Digital wäre demnach das, was Informatiker in den 70er und 80er Jahren aus Nullen und Einsen entwickelt haben – Computer, Software, Endgeräte, Anwendungen. So etwas halt. Und das hat jetzt irgendwas mit Unternehmen, Prozessen und Mitarbeitern zu tun. Diese Verknüpfung ist falsch. „Digital“ ist vielmehr die Basis der Entstehung neuer Prozesse, Geschäftsfelder, Produkte, Werthaltungen, Modelle und Produktionswege, oder anders ausgedrückt: Die Veränderungen der Geschäftswelt haben ihre Ursache in der Digitalisierung unseres Lebens. Und das zwingt Unternehmen zu Veränderungen auf allen Ebenen: einer Transformation.

Was ist „Transformation“?

Eine Transformation ist etwas anderes als ein herkömmlicher Veränderungsprozess, also eine zeitlich begrenzte Initiative eines klar definierten, abgrenzbaren Prozesses. Eine Transformation ist ein Portfolio verschiedener Initiativen, die ineinander greifen und miteinander verwoben sind. Sie erfordert die Entwicklung eines neuen Businessmodells, basierend auf einer Vision für die Zukunft. Oder anders ausgedrückt: „When a snake sheds its skin it changes; when a caterpillar becomes a butterfly, it transforms.“ Das beste Change Management einzelner Initiativen kann immer noch dazu führen, dass der Transformationsprozess misslingt. Positiv gesagt: Eine Transformation kann nur gelingen, wenn sie auf allen miteinander verwobenen Ebenen ansetzt. Beispiel gefällig? Das schönste CRM Tool nützt Ihnen nichts, wenn die Mitarbeiter im Kundenservice nicht das entsprechenden Mindset für digitale Kundenorientierung mitbringen. Das muss ihnen vermittelt werden, und zwar von Ihren Führungskräften. Damit sind bereits vier Dimensionen beteiligt: Digital Leaderhsip, Digital Customer Relationships, Digital Mindset und Digital Transformation Management.

1. Digital Leadership

Das ist die Kerndisziplin der digitalen Transformation. Ohne eine neue Führungskultur mit aktuellen Führungsmodellen ist die digitale Transformation nicht denkbar. Führungskräfte von heute (und morgen sowieso) müssen sich dabei die Erfolgsmodelle der Digitalisierung in ihrer täglichen Führung zu Eigen machen. Das erfordert maximale Transparenz, Führen unter Untersicherheit durch die Vernetzung digital gesteuerter Entwicklungen, Offenheit für neue Produkte, Herangehensweisen, Werkzeuge und Werthaltungen, Partizipation ihrer Mitarbeiter an relevanten Entscheidungsprozessen sowie Agilität in der Planung ihrer Prozesse. Wir sprechen dabei vom VOPA-Prinzip, ohne das Führung nicht mehr denkbar ist. Dieses Prinzip erfordert nicht, dass klassische, hierarchische, langfristige und auf Kontrolle basierende Prozesse grundsätzlich unbrauchbar sind. Aber es erfordert, dass jede Führungskraft auswählen kann zwischen „alter“ und „neuer“ Führung. Der Nachholbedarf vieler Unternehmen ist klar: Die „alte“ Führung sitzt ganz gut, die „neue“ nicht.

2. Digital Strategy

Strategie

Agilität oder das Managen unter Unsicherheit wird bisweilen verwechselt – und zwar mit Beliebigkeit. Manch moderner Manager – oder wer sich dafür hält – freut sich, dass sorgfältige Planung, Analyse und Erfolgskontrolle endlich zum alten Eisen gehören und er mal so richtig herum probieren kann. Das ist ein Missverständnis. Ein Schmetterling entsteht eben auch nicht, weil die Raupe inspiriert lauter Ideen aufschnappt und mal dieses, mal jenes probiert. Die Digitale Transformation braucht eine Strategie. Diese beinhaltet mindestens, dass Impulse gesetzt werden, aus denen eine Vision entsteht, dass der Status Quo des Unternehmens in definierten Kernbereichen analysiert wird, dass notwendige neue Schritte oder einzuführende Produkte und Prozesse formuliert werden und dass deren Umsetzung erfolgt. Innerhalb dieser Strategie können und müssen wahrscheinlich Anpassungen vorgenommen und Experimente gewagt werden. Aber ohne Strategie bleibt es ein Herumstochern in digitalen Teilbereichen ohne Bezug zum Unternehmenserfolg. Achtung, nicht vergessen: Eine neue Strategie muss in Ihrem Unternehmen gründlich kommuniziert werden!

3. Digital Customer Relationship

Die meisten von uns sind selbst digitale Kunden. Daher sollten wir eigentlich wissen, was der heutige Kunde von seinem Anbieter erwartet: Schnelle Rückmeldungen, hohe Flexibilität, Individualisierung des Kontaktes und direkte Kommunikation über sämtliche verfügbare Kanäle. Aber selbst Unternehmen, die sich dieser Erfordernisse bewusst sind, scheitern oft daran. Das sind die Unternehmen, die ein neues Customer Relationship Management auf alte Strukturen und Führungsmodelle in ihrem Unternehmen aufzusetzen versuchen. Denn diese neuen Kundenanforderungen erfordern eben nicht nur neue Tools (die auch!), sondern ein Umdenken der Mitarbeiter, die damit arbeiten. Sie müssen ein anderes Mindset mitbringen und zudem so geführt werden, dass ihnen ein schneller, direkter und individueller Kundenkontakt überhaupt möglich ist. Eine Customer Service-Abteilung mit Prozessen, die erst drei bis acht Hierarchiestufen durchlaufen müssen, bevor sie verändert werden können, kann den digitalen Kunden nicht zufrieden stellen. „Entschuldigen Sie, aber da sind uns die Hände gebunden“ – den Satz wollte man noch nie hören. In der digitalen Geschäftswelt heißt das: Auf Nimmerwiedersehen, Kunde.

4. Digital Products

Apple Watch

Die Apple-Watch, selbstfahrende Autos, sprechende Wohnungen. Das sind die Speerspitzen digitaler Produkte, aber um die geht es bei der digitalen Transformation nur selten. Tatsächlich gibt es kein Geschäftsfeld mehr, das nicht digitale Produkte, Services oder Dienstleistungen im Angebot hat oder haben sollte. Von der Gartenpflanze über Tee bis zum Kredit – nichts ist ausgeschlossen von digitalen Prozessen. Wer keine digitalen Dienstleistungen oder Serviceleistungen anbietet, wird über kurz oder lang keine Kunden mehr haben. Und nicht nur das: Digitalisierte Produkte oder Serviceleistungen müssen konstant up to date gehalten werden und selbstverständlich über Schnittstellen zu den bestehenden Systemen verfügen. Tschüss, Silodenken!

5. Digital Processes

To Do2

Zwar geht es bei der digitalen Transformation nicht nur um technische Produkte, die den Keyboards findiger Entwickler entsprungen sind, aber sehr wohl um Prozesse, die den Mechanismen genau dieser Entwicklungen folgen. In anderen Worten: Alle Arbeitsprozesse im digitalen Umfeld müssen agil, abteilungs- oder sogar firmenübergreifend, vernetztautomatisiert und standardisiert ablaufen. Zumindest ablaufen können oder über Schnittstellen zu solchen Arbeitsprozessen verfügen.

6. Social Collaboration

Barcamp Willms

Diese Prozesse ziehen automatisch eine neue Form der Zusammenarbeit nach sich: Social Collaboration. Unter diesem Sammelbegriff finden sich verschiedene Formate und Tools. Ihnen gemeinsam ist, dass die Kommunikation innerhalb des Unternehmens und nach außen stark vernetzt, abteilungs- und hierarchieübergreifend sowie räumlich unabhängig funktionieren kann. Diese Form der Kommunikation löst herkömmliche Strukturen der Zusammenarbeit zunehmend ab. Dazu zählen ein Social Intranet, das den Austausch der Mitarbeiter untereinander fördert, digitale Lösungen für die vernetzte Kollaboration wie beispielsweise z.B. Jive, Confluence, Yammer, Chatter, und Skype, das Teilen von Best Practices via Slideshare oder White Papers und neue, mitmach-orientierte Besprechungsformen wie BarCamps oder Open Spaces. Klar ist: Für Ihre Mitarbeiter, die mit dem Internet aufgewachsen sind, ist das vernetzte, mitmach-orientierte Arbeiten eine Selbstverständlichkeit!

7. Digital Mindset

Digital Mindset 2

Hier kommen wir zu einer Dimension, die in modernen Unternehmen allgegenwärtig sein muss. Denken wir an die eingangs umrissene Definition von „Digital“. Es geht nicht (nur) um digitale Techniken, sondern darum, die durch die digitale Technik veränderten Wirtschaftsprozesse zu verinnerlichen. Und das ist an ganz pragmatische Komponenten geknüpft. Zum einen müssen Unternehmen dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter mit den relevanten Anwendungen vertraut sind; die Sicherstellung  der Digital-Kompetenz  aller Mitarbeiter ist eine Führungsaufgabe. Es geht aber auch darum, die digitalen Prozesse für Innovationen und Geschäftsprozesse zu nutzen. Das heißt: Projekte werden nach ihrer Beendigung in Form von Retrospektiven reflektiert, die Erkenntnisse werden in künftigen Projekten konsequent umgesetzt und Lehren aus gescheiterten Projekten werden nicht verschwiegen, sondern proaktiv kommuniziert. Testen Sie sich einmal selbst: Wieviel Arbeitszeit verwenden Sie auf kritische Reflexion und Lernen aus Fehlern?

8. Digital Transformation Management

Die Digitale Transformation gelingt nicht im luftleeren Raum. Auch nicht zufällig. Sie benötigt vielmehr eine Roadmap mit konkreten Meilensteinen, an der sich der digitale Transformationsprozess orientiert. Dabei müssen wie bei allen Transformationsprozessen messbare (Zwischen-) Ziele definiert und periodisch überprüft werden. Gleiches gilt für die Zuteilung expliziter Rollen und Verantwortlichkeiten sowie Etablierung von Entscheidungsprozessen. Zwei Abteilungen stehen in öffentlichen Publikationen dabei immer wieder im Vordergrund: IT und Marketing. Die zwei haben sich ja häufig schon im Sandkasten auseinander gelebt und zanken ziemlich oft miteinander. Das ist schade, denn sie bilden ein hervorragendes Pärchen, um hier eine gemeinsame Führungsrolle einzunehmen. Aber auch alle angrenzenden Abteilungen eines Unternehmens müssen aufeinander abgestimmt an digitalen Prozessen arbeiten, und dafür braucht es Ressourcen. Mit anderen Worten: Die Führungskräfte des Unternehmens müssen der digitalen Transformation eine hohe Priorität einräumen. Und damit schließt sich der Kreis: Der Kern der Digitalen Transformation ist ihre Führungsriege.

Wie können Sie anfangen?

Mit unserer Digital Transformation Diagnosis identifizieren wir für Sie Handlungsfelder und Potenziale der Digitalen Transformation in Ihrem Unternehmen.

Gemeinsam entwickeln wir darauf basierend Ihre Strategie, ganz gleich, ob Sie noch am Anfang stehen oder schon zum digitalen Establishment gehören. Vom Mittelstand bis zum Großkonzern, wir stehen an Ihrer Seite! Anfragen bitte an Anja Hahn.

One Comment

  1. Markus Ossberger 04/04/2018 at 19:43 - Antworten

    Der Beitrag ist wirklich phantastisch. Präzise, unaufgeregt und voll am Punkt. Selten so was gutes gelesen.

Über den Autor: Willms Buhse

Avatar photo
Dr. Willms Buhse, CEO und Gründer von doubleYUU, bringt mit Digital Leadership die Innovationen des Silicon Valley in die Büros der deutschen Führungsetagen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Top-Manager zählen zu seinen Kunden. Er hält Vorträge in Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an deutschen Elite-Universitäten in Berlin, München oder Hamburg. Dr. Willms Buhse gilt über deutsche Grenzen hinaus als Vordenker der digitalen Elite. Wie kein Zweiter versteht er es, Ideen und Impulse aus der digitalen Welt auf die Realität deutscher Unternehmen zu übertragen.