Wie ein Start-up: Wie Digital Mindset in traditionellen Unternehmen etabliert werden kann

Was macht ein Start-up erfolgreich? Es hat die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt. Und setzt diese erfolgreich im Markt um, bevor es jemand anders tut. Schon jetzt sind 90 Prozent aller Innovationen digital gesteuert. Das heißt, um überhaupt mit dem Markt mithalten zu können, müssen auch große Traditionsunternehmen die Mechanismen von Start-ups in ihre Kultur integrieren. Sonst baut nämlich jemand anderes das emissionsfreie Luxusauto. Ein Digital Mindset muss her. Aber woher? Und wie? Und was ist das überhaupt?

Fangen wir mit der letzten Frage an: „Digital Mindset“ heißt zunächst, dass die Mitarbeiter des Unternehmens mit digitalen Anwendungen vertraut sind und eine grundlegende Digitalkompetenz haben. Die Mehrheit der Mitarbeiter – ganz gleich, aus welcher Abteilung – muss verstehen, wie digitale Mechanismen funktionieren und welchen Einfluss das auf ihr Unternehmen hat. Zum zweiten müssen die Prozesse so gestaltet werden, dass schnell aus Fehlern gelernt werden kann. Regelmäßige Reflexionsschleifen und Retrospektiven, wie sie für Start-ups selbstverständlich sind, müssen also etabliert werden.

Kommen wir nun zur nächsten Frage: Woher soll so ein Mindset kommen? Hier besteht aus unserer Erfahrung großer Handlungsbedarf in Unternehmen und insbesondere in den HR-Entwicklungsabteilungen. Denn ein Digital Mindset kann nicht wie eine Excelanwendung, eine Sprache oder Produktwissen gelehrt werden – es muss genau so entstehen, wie es auch angewandt werden soll: vernetzt, offen, partizipativ und agil (In einem früheren Beitrag habe ich über die netz-inhärenten Werte Vernetzung, Offenheit, Partizipation und Agilität – VOPA – in der Führung geschrieben.)

Führungskräfteentwicklung goes BarCamp

Gute Personalentwicklung vermittelt ein Digital Mindset also gemäß der VOPA-Werte, und das kann zum Beispiel so aussehen, wie ich es jüngst in einem Hamburger Verlagshaus umsetzen durfte. Hier gab es eine Veranstaltung für Führungskräfte, in der erlebbar werden sollte, wie sich vernetztes Arbeiten anfühlt, und zwar in Form eines partizipativen BarCamps. (Wer nicht weiß, was ein BarCamp ist: Hier ist es beschrieben.) Es war faszinierend, live mitzuerleben, wie in einem Traditionshaus digital denkende und klassische Führungskräfte gemeinsam den Wandel hin zu einer neuen, digital orientierten Führungskultur selbst mitgestalteten und sich aktiv einbrachten.

Für das BarCamp waren acht Experten geladen – allesamt Trainer und Coaches des aktuellen hauseigenen Führungskräfte-Qualifizierungsprogramms. Jede Führungskraft durfte in den selbst ausgewählten Workshops von vier dieser Experten erleben, wie sich das Thema Führen im Digitalen Zeitalter verändert. Dabei durften auch eigene Aspekte eingebracht werden, die die Experten in ihre Workshops einbauen konnten. Themen wie „Agiles Führen“ oder der von mir moderierte Workshop „Digital Leadership“ stießen auf großes Interesse und beinhalteten spannende Diskussionen und Gespräche.

Kooperation gewinnt an Bedeutung

Die Ergebnisse waren ebenso spannend. Einige der Kernerkenntnisse aus den Workshops lauteten:

  • Flexibilität und Diversität sind Erfolgsfaktoren
  • Die Fähigkeit zur professionellen Gestaltung ergebnisoffener Prozesse wird eine Schüsselkompetenz
  • Selbstorganisierte Netzwerke sind wesentlich zur Lösung zukünftiger Herausforderungen
  • Angesichts der Dynamik und Komplexität der Arbeitswelt versagt hierarchisch steuerndes Management zunehmend
  • Traditionelle Wettbewerbsstrategien kommen an die Grenzen, das Prinzip Kooperation gewinnt an Bedeutung
  • Persönliches Coaching ist unverzichtbares Instrument der Reflexion komplexer Entwicklungen
  • Motivation wird zunehmend an Selbstbestimmung und Wertschätzung gekoppelt

Dieses BarCamp ist ein schönes Beispiel, wie digitales Denken über digital geprägte Prozesse sukzessive (iterativ, wie der Software-Entwickler sagen würde) in Unternehmen verankert werden kann. Herkömmliche Weiterbildungskonzepte sind dafür nicht geeignet.

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Außer Weiterbildung und BarCamps gibt es aber noch weitere Ansätze, ein Digital Mindset in eher traditionell geprägten Firmen zu etablieren und so aus einem Tanker ein Schnellboot zu machen. Oder ein Schnellboot im Tanker mitzuführen, wie es zum Beispiel beim Aufbau eines Start-ups innerhalb des Unternehmens der Fall ist. Damit ist die Gründung kleiner Experten-Teams gemeint, die sich ganz den digitalen Trendthemen wie Big-Data-Analyse und E-Commerce widmen. Die HR-Abteilung sucht dafür gemeinsam mit den Führungskräften handverlesene Mitarbeiter aus und schult sie für ihre neue Aufgabe. Sie fahren erste Erfolge ein, deren Mechanismen dann auf das ganze Unternehmen ausgeweitet werden können. Das hat zum Beispiel Otto gemacht, nachzulesen in Auszügen hier im Blog oder im Sonderheft des Harvard Business Manager über Management im Wandel. Eine äußerst effektive Methode zur Digitalisierung gerade größerer Unternehmen, die durch herkömmliche Weiterbildung nicht geleistet werden kann. Acceleratoren (Entwicklung digitaler Produkte durch externe Teams) oder so genannte Inkubatoren (digitaler Know-how-Transfer innerhalb des Unternehmens) können das auch. Ein prominentes Beispiel ist der Inkubator Hubraum der Telekom, ein bekannter deutscher Accelerator ist Plug and Play von Axel Springer. All diese Konzepte stiften statt hoher Weiterbildungskosten wirtschaftlichen Nutzen und sorgen quasi nebenbei dafür, dass ein Digital Mindset im Unternehmen verankert wird.

Vorhandene Kompetenzen nutzen

Übrigens, liebe Personalentwickler, wisst Ihr überhaupt, welche digitale Kompetenz in Eurem Unternehmen schon vorliegt? Wisst Ihr, wer von Euren Mitarbeitern selbst etwas zur Erweiterung des digitalen Know-hows beitragen kann? Seid Ihr vernetzt genug, um Eure schon vorhandenen Ressourcen zu nutzen? Dann ist ja gut. Ansonsten empfehlen wir, genau da anzusetzen: Herauszufinden, wo die Mitarbeiter stehen und dieses Wissen zu nutzen. Wenn das gelingt, entsteht ein Digital Mindset automatisch.

Bei Interesse an der doubleYUU Digital Knowledge Analysis wenden Sie sich bitte an Anja Hahn. Wir stellen Ihnen gerne ein individuelles Angebot zusammen.

 

Über den Autor: Willms Buhse

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Dr. Willms Buhse, CEO und Gründer von doubleYUU, bringt mit Digital Leadership die Innovationen des Silicon Valley in die Büros der deutschen Führungsetagen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Top-Manager zählen zu seinen Kunden. Er hält Vorträge in Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an deutschen Elite-Universitäten in Berlin, München oder Hamburg. Dr. Willms Buhse gilt über deutsche Grenzen hinaus als Vordenker der digitalen Elite. Wie kein Zweiter versteht er es, Ideen und Impulse aus der digitalen Welt auf die Realität deutscher Unternehmen zu übertragen.