Die Lehren aus dem Cebit-Aus: Wird ein Transformationsprozess zu spät angestoßen, hilft selbst die beste Strategie nicht mehr

Ich muss gestehen, dass ich ein echter Fanboy der Cebit war. Mit der Betonung auf dem Wort „war“. Als gebürtiger Hannoveraner habe ich seit früher Jugend erlebt, welchen Stellenwert diese Messe für die Stadt und die Region, aber auch für das Image des Innovations- und Industriestandortes Deutschland hatte. Hier liegt die Betonung auf dem Wort „hatte“.

Denn die Macher der Cebit haben schwere strategische Fehler begangen. Die Zeiten, in denen Bill Gates noch persönlich das neue Windows 95 in Hannover präsentierte, sind schon lange vorbei. Die Trendthemen wie Mobile sind nach Barcelona, die Verbraucher-Elektronik nach Berlin und die Entertainment-Technik nach Las Vegas abgewandert.

Für den Standort Deutschland ist der Verlust des Centrums für Büroautomation, Informationstechnologie und Telekommunikation, kurz Cebit, ein herber Verlust.

In Hannover hielt man zulange an einem völlig veralteten Fokus auf Büro-Technik fest. Das war ein heftiger konzeptioneller Schnitzer. Im Sommer folgte dann endlich der Turnaround. Das neue Festival-Konzept gefiel mir persönlich sehr gut. Letztendlich bewiesen die Macher ihr Gespür für eine zeitgemäße Innovationsschau – doch für die Kunden, Aussteller und Besucher kam die Transformation zu spät. Sie hatten sich schon abgewandt.

So sehr ich mich für kreative Konzepte und innovative Transformations-Ideen begeistern kann, finde ich es aber auch richtig, dass man sich konsequent eingesteht, wenn eine Strategie nicht funktioniert. Das war bei der neuen Cebit der Fall. Deshalb haben die Macher richtig gehandelt und den Ausschalter gedrückt.

Was können wir aus dem Beispiel Cebit lernen?
Wenn ein Transformationsprozess zu spät angestoßen wird, hilft selbst die beste Strategie nicht mehr. Aber es war richtig es überhaupt noch einmal mit voller Kraft zu versuchen. Hier liegt die Betonung diesmal auf „mit voller Kraft“ und „versuchen“.

Und trotzdem bin ich Dir, liebe Cebit, dankbar. Denn wenn mein Vater mich nicht schon früh zu dir gebracht hätte – als du noch in Halle 1 warst und nicht so hießt – wäre ich kein Internetpionier geworden und wäre nicht bis heute begeistert von neuem Digitalgedöns.

Danke Dir und Farewell.

Über den Autor: Willms Buhse

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Dr. Willms Buhse, CEO und Gründer von doubleYUU, bringt mit Digital Leadership die Innovationen des Silicon Valley in die Büros der deutschen Führungsetagen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Top-Manager zählen zu seinen Kunden. Er hält Vorträge in Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an deutschen Elite-Universitäten in Berlin, München oder Hamburg. Dr. Willms Buhse gilt über deutsche Grenzen hinaus als Vordenker der digitalen Elite. Wie kein Zweiter versteht er es, Ideen und Impulse aus der digitalen Welt auf die Realität deutscher Unternehmen zu übertragen.