re:publica 2019: Die deutsche Netzgemeinde diskutiert, liefert aber nicht

Mehr Zeit für Langformen, Kleingedrucktes und Fußnoten: Die 13. Ausgabe der re:publica in Berlin stand in diesem Jahr unter dem Motto tl;dr – der Slang-Abkürzung für „too long; didn`t read“. Wir von doubleYUU haben das Festival besucht und sehen viele Bezugspunkte für Unternehmen in der Digitalen Transformation.

Für drei Tage diskutierte die sogenannte Netzgemeinde in Berlin über wichtige Digital-Fragen unserer Zeit:

  • Es ging darum, ob und wie man die Macht der großen Tech-Companies brechen beziehungsweise regulieren sollte.
  • Es ging darum, wie unsere Gesellschaft heute mit ihren Daten umgeht und wie sie dies in Zukunft tun könnte.
  • Es ging um die digitale Transformation und ihre Folgen für die Zivilgesellschaft.
  • Es ging um Privacy, die DSGVO und natürlich das neue europäische Urheberrecht, mit seinen umstrittenen Upload-Filtern und dem Leistungsschutzrecht.

Gerade am letzten Punkt zeigte sich die ganze Kraft und Intelligenz der re:publica und ihrer Macher um den von uns sehr geschätzten Markus Beckedahl – aber auch wie sehr sie in ihrem eigenen Debattierklub gefangen zu sein scheinen.

Zu viel reden, debattieren und streiten – zu wenig machen

Nicht weiter verwunderlich, dass die übergreifende Idee der diesjährigen re:publica dann auch genau diesem Mindset entsprach. So erklärten die Organisatoren im Vorfeld:

„Wir werden reden, wir werden debattieren, wir dürfen streiten und mehr denn je werden wir IN DIE TIEFE gehen. Denn die Dinge sind kompliziert. Die Dinge sind komplex. Die Dinge wollen durchdacht, diskutiert und von verschiedenen Seiten betrachtet werden. Darum widmen wir die nächste re:publica der Langform, dem Kleingedruckten, den Fußnoten, der Kraft der Recherche, der Kraft der Kontroverse und der Dringlichkeit, die Themen, die uns spalten (oder vereinen!) NICHT zu vereinfachen.“

Genau dieser Ansatz, wirklich in die Tiefe eines Themas einzusteigen, es zu durchdringen und dann dessen Quintessenz zu erkennen, zu abstrahieren und dann leichter verständlich zusammenzufassen, entspricht der Philosophie, wie wir bei doubleYUU arbeiten. Für unsere Kunden gehen wir immer bis ins kleinste Detail. Wir wollen Problemstellungen und Fakten umfassend verstehen, bevor wir eine gut verständliche Strategie und Handlungsempfehlungen entwickeln – und diese dann aber auch konsequent umsetzen.

Denn genau an diesem Punkt unterscheiden wir uns von der re:publica. Wenn die Organisatoren in ihrem diesjährigen Mission-Statement schreiben, dass sie reden, debattieren und streiten werden, ist das nur allzu zutreffend. Denn genau das haben sie im Überfluss getan.

Es ist beeindruckend zu sehen, wie es dem Festival mittlerweile gelingt, die wichtigsten Politiker dieses Landes, wie beispielsweise den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, für einen Besuch auf der re:publica zu gewinnen. Gleichzeitig ist es aber auch frustrierend, dass außer vielen schlauen Worten eben nichts passiert. Unser verknapptes Fazit lautet deshalb: Die Netzgemeinde diskutiert, liefert aber nicht.

Das Festival im Jahr 2019 war eine großartige und inspirierende Veranstaltung. Es zeigte sich deutlich, dass das Thema Digitalisierung die Nerd-Nische lange verlassen hat und es einen tiefen Wunsch nach gesellschaftlicher Einordnung gibt. Gerade die Politik hat die Komplexität allerdings noch längst nicht verstanden, was wiederum zu einer lähmenden Ohnmacht im Umgang mit den großen Tech-Riesen aus den USA zu führen scheint. Es fehlt an Machern. Genau das haben uns die Amerikaner voraus: auch sie analysieren in der Tiefe, debattieren dann aber nicht mehr endlos lange, sondern fangen einfach mal an, liefern und passen an.

Manche nennen das Agilität.

Über den Autor: Markus Kreysch