Nein, Financial Times: WeWork ist die perfekte Büro-Antwort auf unsere VUCA-Welt. Es ist das Office der Zukunft

Die digitale Transformation ist gekommen, um zu bleiben. Sie hat bereits alteingesessene und scheinbar unzerstörbare Unternehmen und Geschäftsmodelle hinweggefegt und wird damit in absehbarer Zeit auch nicht aufhören. Nun ist sie allerdings kein neuer Trend mehr, sondern längst ein Faktum, für dessen Wirkmacht und Funktionsweisen wir längst einen erheblichen Erfahrungsschatz angesammelt haben.

Um so mehr fuchst es mich, wenn – eigentlich kluge Marktbeobachter – aus der jüngsten Wirtschaftsgeschichte scheinbar doch nichts gelernt haben. So wiederholt sich ein altbekanntes Muster. Unternehmen, die heute noch erfolgreich sind, unterschätzen die erhebliche Energie, die dynamische und digitale Disruptoren erzeugen können.

Am Ende des vergangenen Jahrtausends konnten wir exemplarisch beobachten, wie lange die damaligen Platzhirsche Otto & Co. brauchten, die junge aufstrebenden E-Commerce-Plattform Amazon ernst zu nehmen. Es hieß: Die machen ja nur Verluste, das Wachstum ist nicht nachhaltig und nur auf Pump gekauft. Die Geschichte belehrte uns dann eines Besseren.

Ähnlich verhält es sich seit Jahren mit der (noch) mächtigen Automobilindustrie und Tesla. Dieselben Argumente in Sachen Wachstum, Verluste etc. werden wieder vorgebracht. Auch hier verschieben sich längst die Kräfte immer mehr in Richtung E-Mobilität und damit in Richtung Tesla.

Nun entwickelt sich gerade ein dritter solcher Fall: Der Börsengang von WeWork. So erschien vor gut zwei Wochen bei Capital.de ein Text von Elaine Moore, den die Berliner aus der englischen Financial Times übernommen hatten. Unter der Überschrift „Warum in We Work so viel heiße Luft steckt“ hieß es unter anderem:

„Tatsächlich handelt es sich bei WeWork um eine konventionelle Immobiliengesellschaft, die schick gewandet als Tech-Unternehmen daherkommt. Zum Beweis schaue man sich den Börsenprospekt an, der etwa doppelt so lang ist, wie er sein müsste – mit Fotos von fröhlich aussehenden Menschen und WeWorks Postulat, das Bewusstsein der Welt auf eine neue Stufe zu heben. Oder man nehme die Behauptung des Unternehmens, sein Markt verfüge über ein Potenzial von 3 Billionen Dollar.“

Ich leihe mir einmal das „tatsächlich“ von Moore und antworte: Tatsächlich ist WeWork die perfekte Büro-Antwort auf unsere VUCA-Welt. Nirgendwo sonst kann ein multinationales Unternehmen schnell und unkompliziert tausende von Arbeitsplätzen aufbauen, umshiften oder gegebenenfalls wieder abbauen als bei der New Yorker CoWorking-Kette.

Moore vergisst in ihrer Analyse, dass es sich bei WeWork eben nicht um einen klassischen Vermieter handelt. Es ist das globalisierte Büro der Zukunft. Alle Offices sind weltweit vernetzt. Jeder kann sich in jedem We Work auf diesen Planeten einloggen und arbeiten. WeWork zeigt bereits heute, welche dynamischen Prozesse möglich sind, wenn man solch ein international skalierbares Modell aufgebaut hat.

Die Kraft von WeWork

Die Kraft dieses Systems lässt sich auch im Kleineren beobachten. Die Office-Kette ist in der Lage, Entscheidungen sehr schnell und effektiv umzusetzen. So gelang es WeWork beispielsweise innerhalb weniger Wochen nach dem Entschluss, in den eigenen Offices komplett auf Plastik zu verzichten, tatsächlich alle entsprechenden Becher, Bestecke und Geschirre auszutauschen. Ein Old Economy-Unternehmen bräuchte für ein solches Projekt wesentlich länger.

Den Designern und Köpfen hinter WeWork ist es gelungen, ein Ort zu schaffen, der perfekt der modernen Selbstorganisation vieler Menschen entspricht. Wir von DoubleYUU haben mittlerweile mehrere Transformations-Offices in WeWorks eingerichtet und es ist erstaunlich zu beobachten, wie wohl sich die Leute in den Büros fühlen. Allein dieses praktische Beispiel zeigt: WeWork funktioniert komplett kundenzentriert, denn sonst würden sich nicht so viele in den globalen Büros wohlfühlen. Allein das ist schon eine erstaunliche Leistung und ein echtes Alleinstellungsmerkmal.

Allerdings dürfen wir den Faktor Managerkult auch nicht gänzlich außer Acht lassen. Es hängt bei diesen schnellwachsenden Start-ups viel an der Reputation des Gründers oder Vorstandsvorsitzenden. Jeder kennt Jeff Bezos oder Elon Musk. Und wenn der CEO einmal öffentlich wackeln sollte, nimmt auch das Image und der Firmenwert massiv Schaden. Das ist sicher das größte Risiko bei WeWork, wo der CEO – ähnlich wie Travis Kalanick von Uber einen großen Beitrag zum Aufstieg, aber auch zum derzeitigen Abstieg des Unternehmens beigetragen hat.

Update (25.09.2019):
Nach dem gescheiterten Börsengang war der Druck der Investoren zu groß: Adam Neumann, Firmengründer und Chef des US-Bürovermieters WeWork, musste seinen Abgang erklären.

Über den Autor: Willms Buhse

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Dr. Willms Buhse, CEO und Gründer von doubleYUU, bringt mit Digital Leadership die Innovationen des Silicon Valley in die Büros der deutschen Führungsetagen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Top-Manager zählen zu seinen Kunden. Er hält Vorträge in Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an deutschen Elite-Universitäten in Berlin, München oder Hamburg. Dr. Willms Buhse gilt über deutsche Grenzen hinaus als Vordenker der digitalen Elite. Wie kein Zweiter versteht er es, Ideen und Impulse aus der digitalen Welt auf die Realität deutscher Unternehmen zu übertragen.