Digital Leadership: Führung der jungen Generation Z

Erstmal aufräumen

Und zwar nicht mit allen Rollenmodellen, die es in Ihrem Unternehmen gibt, sondern mit Stereotypen. Das ist das erste Gebot, wenn es um die Führung der so genannten Digital Natives geht. Und dann gibt es noch ein paar andere.

Vor einiger Zeit erzählte mir ein CIO eines Großunternehmens folgende Geschichte: Er bat einen jungen Mitarbeiter – noch in der Probezeit – in einem Statusmeeting ein Projektupdate zu präsentieren. Das tat dieser dann auch im Rahmen des Meetings, das Update war gut. Danach setzte er sich an seinen Platz neben den CIO und klickte in seinem Laptop herum. Als ihm der CIO über die Schulter sah, entdeckte er, dass der junge Mann ein privates Barbecue organisierte.

Ich wette, dass viele Leser dieses Beitrags genauso entsetzt regiert hätten, wie der CIO. Der polterte: „Sag mal, geht’s noch? Privatkram im Meeting direkt neben mir?“ So ähnlich waren wohl seine Worte. Der junge Mitarbeiter war echt erschrocken. Er antwortete: „Das tut mir leid, Chef. Hätte ich das gewusst, hätte ich es nicht gemacht. Aber Sie haben mir sehr spät Bescheid gegeben wegen der Präsentation heute. Ich habe gestern bis weit nach Mitternacht daran gearbeitet. Morgen habe ich Geburtstag, ich fand es in Ordnung, nun, wo die Präsentation erfolgreich beendet ist, kurz meine Feier zu organisieren.“ Der CIO kam daraufhin ins Wanken. Im nächsten Meeting kommunizierte er daraufhin seine Erwartungen für den Umgang mit privaten Social Media-Aktivitäten: Während der Arbeitszeit nur kurz das Allernötigste, in Meetings und anderen Gesprächen gar nicht. Egal, ob man gerade aktiv beteiligt ist oder nicht. Alle Mitarbeiter akzeptierten das.

Damit hat der CIO gemäß einer Studie des St. Gallen Symposiums alles richtig gemacht. Die Studie befasst sich mit ein paar Mythen über die Digital Natives als Nachwuchsführungskräfte. Ein Mythos ist: Junge Nachwuchsführungskräfte sind permanent online und können ohne Social Media nicht leben. Die Untersuchung zeigt, dass das viel differenzierter gesehen werden muss. Denn immerhin fast die Hälfte der Befragten (Studierende oder Absolventen internationaler Top-Unis) würde nämlich durchaus auf den Social Media-Gebrauch während der Arbeitszeit verzichten, wenn der Arbeitgeber das wünscht. Allerdings: Immerhin ein Drittel würde den Arbeitgeber in so einem Fall verlassen. Das heißt: Im Gegensatz zu früheren Generationen gibt es kein einheitliches, unausgesprochenes Verständnis mehr über die Nutzung sozialer Medien während der Arbeitszeit. Daraus erschließt sich als erste Regel, um Nachwuchskräfte erfolgreich zu führen:

1. Erlaube Social Media, aber kommuniziere klare Regeln

Ein anderer Mythos hält sich auch hartnäckig: Weil die junge Generation sich für unentbehrlich hält und glaubt, selbst den Chefposten verdient zu haben, hält sie nicht viel von Hierarchien. Digital Natives möchten überall mitbestimmen und respektieren keine Chefs. Auch hier lohnt der differenzierte Blick. Zunächst einmal darauf, was Hierarchien eigentlich sind. Hierarchien bedeuten, dass ein Organisationsmitglied über einem anderen steht, also Gebots- und Entscheidungsmacht hat. Und anders als angenommen sind die meisten Vertreter der jungen Generation äußerst interessiert an klaren Entscheidungsstrukturen. Laut der Studie wollen zwei Drittel in Projekten klare Führungs- und Verantwortungsstrukturen. Ineffizienz auf Grund unstrukturierter und unklarer Prozesse wird von der jungen Generation an bestehenden Strukturen sogar oft bemängelt. ABER: Im Unterschied zu älteren Führungskräften erwarten heutige Nachwuchskräfte, dass diese Entscheidungsstrukturen volatil sind und dass sie auf Kompetenz, und nicht auf Betriebszugehörigkeit basieren. Aus diesen Erkenntnissen resultieren gleich zwei weitere Regeln:

2. Definiere klare Rollen und Entscheidungsstrukturen in Projektteams

3. Ermögliche Entscheidungshoheit nach Können, nicht nach Seniorität

Und dann ist da noch das Thema mit den Werten. Allerorts hört man, die junge Generation will Führungskräfte und Arbeitgeber, die ihre Werte vertreten. Und tatsächlich, das stimmt! Egoismus, Engstirnigkeit und ein Mangel an Ethik gehört laut der St. Gallen Studie zu den schlimmsten Eigenschaften, die älteren Führungskräften anhaften. Der Unternehmensnachwuchs will in der Tat wissen, ob das Unternehmen zum Beispiel in Bildung investiert. Sie wollen außerdem Chefs, die sich mit modernen Technologien auseinandersetzen, Veränderung vorantreiben und offen sind für neue Ideen. Finden Sie das nicht vor, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie ihr eigenes Business aufmachen. Daraus entspringen wiederum zwei weitere Regeln, um die junge Generation erfolgreich zu führen:

4. Sei innovativ

und in diesem Zusammenhang

5. Lasse bei Innovationsprozessen Fehler zu

Eine hohe Fehlertoleranz ist deswegen wichtig, weil ohne sie nicht innovativ gearbeitet werden kann. Hier muss natürlich unterschieden werden zwischen Prozessen, die hohe Sicherheitsstandards, Kontrollen und geringe Fehlerquoten erfordern (zum Beispiel in der Produktion und Arbeitssicherheit) und eben solchen, die eine hohe Innovationsgeschwindigkeit erfordern (zum Beispiel Produktentwicklung, aber auch Marketing und Vertrieb).

Und das muss man ihnen lassen, Angst vor Unternehmertum haben die meisten Nachwuchskräfte wohl nicht. So schreibt Andreas Weck in der t3n.de über die Generation Z: „Die Generation Z ist technologisch versierter als wir. Sie weiß die Gegebenheiten der Zeit für sich zu nutzen – und wie man Karriere im Netz macht. Ihre Helden sind Unge, Dagi Bee und wie sie alle heißen. Teens, die schon früh erfolgreich waren, die zwar nie etwas gelernt, es durch gute Selbstvermarktung und „Ich-mach-was-ich-will“-Attitüde aber auch so zu größter Prominenz und sattem Einkommen gebracht haben. Diese Generation hat gesehen, was es heißt, Entrepreneur zu sein.“ Ich finde diese Sicht zu oberflächlich, stimme aber absolut zu, dass die Bereitschaft, schlechte Führung auszuhalten, deutlich gesunken ist und weiterhin sinken wird.

Dass die junge Generation zwar selbstbewusst auftritt, aber durchaus leistungsorientiert ist, bestätigt auch eine aktuelle Studie von den Kollegen von Kienbaum. Sie befragten 600 Hochschulabsolventen in Deutschland nach Zielen, Wertvorstellungen und Erwartungen an das Arbeitsleben und bildeten anhand der Antworten vier Gruppen: Die Karriereorientierten, die Ambitionierten, die Erlebnisorientierten und die Orientierungssuchenden. Über die Hälfte, nämlich zusammen 58 Prozent, sind demnach den Ambitionierten und den Karriereorientierten zuzuordnen. Diese beiden Gruppen eint der Wille nach Erfolg und Karriere. Sie wollen sich beruflich weiterentwickeln, streben eine verantwortungsvolle Funktion an und sind bereit, hart zu arbeiten. Gerade die Ambitionierten verlangen dafür aber auch regelmäßiges Feedback, eine gute Arbeitsatmosphäre mit Kommunikation auf Augenhöhe, Weiterbildungsmöglichkeiten, Vielfalt und eine gute Work-Life-Balance.

Als sechste und siebte Regel lassen sich formulieren:

6. Biete Freiräume für Privates

7. Bilde Deine Mitarbeiter

Wer diese Regeln beherzigt, kann die junge Generation erfolgreich führen. Mit erfolgreich ist gemeint: So, dass eine äußerst hohe Leistungsbereitschaft und gleichzeitig Innovationskraft entsteht. Genau so funktionieren ja auch digitale Start-Ups und wer seine Leute nicht an die verlieren will, der agiert selbst so.

PS: Unsere letzte Praktikantin Lan – eine top PR Nachwuchskraft, die mit 23 Jahren schon mehrere Auszeichnungen erhalten hat und zu den so genannten „top 30 unter 30“ ihrer Zunft gehört – ist das beste Beispiel. Ihre Erwartungen an Arbeitgeber und Führung hat sie für uns in folgendem Video formuliert und glauben Sie mir, das war eine der leistungsstärksten Praktikantinnen, die ich in meiner Laufbahn beschäftigen durfte.

Hier geht’s zum Video!

Braucht Ihr Unternehmen dabei Hilfe? Unsere Digital Leadership Academy und unsere individuellen Coachings helfen Ihnen. Weitere Informationen erhalten Sie von Anja Hahn.

Über den Autor: Willms Buhse

Avatar photo
Dr. Willms Buhse, CEO und Gründer von doubleYUU, bringt mit Digital Leadership die Innovationen des Silicon Valley in die Büros der deutschen Führungsetagen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Top-Manager zählen zu seinen Kunden. Er hält Vorträge in Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an deutschen Elite-Universitäten in Berlin, München oder Hamburg. Dr. Willms Buhse gilt über deutsche Grenzen hinaus als Vordenker der digitalen Elite. Wie kein Zweiter versteht er es, Ideen und Impulse aus der digitalen Welt auf die Realität deutscher Unternehmen zu übertragen.