Digital Leadership erfolgreich: Der neue Bonprix-Pilot-Store beweist, wie Führung mit dem VOPA-Modell gelingt

Am 13. Februar eröffnete Bonprix in der Hamburger Mönckebergstraße seinen neuen Pilot Store. Die Kommentatoren sprachen von einem weltweit „einzigartigen“ Geschäft und davon, dass die Otto-Tochter „das Shoppen neu erfinden“ würde. Tatsächlich gelingt dem Laden das Kunststück, die Vorteile des stationären Einkaufens mit denen des Online-Shoppings zu kombinieren.

„Der komplette Besuch im Pilot Store ist nunmehr App-assistiert. Vom Betreten des Stores über die Auswahl der Lieblingsteile und die Anprobe bis hin zum Bezahlen setzt Bonprix demnach auf intuitive Technologien“, erklärt Werben & Verkaufen das Konzept hinter dem feschen Schlagwort „Fashion Connect“. „Zentrales Bindeglied ist dabei die weiterentwickelte Bonprix App, die die Kunden wie ein persönlicher, digitaler Shopping Assistent von Anfang bis Ende durch den Laden führt. Mit ihr checkt die Kundin in den Laden ein, scannt die Artikel und wählt die Größen aus, die sie anprobieren möchte.“

Die Store-Macher setzen auf das VOPA-Modell

Bevor die ersten Kunden mit ihrem Smartphone in der Hand durch das wohl innovativste Geschäft Europas schlendern konnten, entwickelte und verfeinerte der Hamburger Handelsriese gut zwei Jahre lang das Konzept, inklusive eingehender Tests. Und genau in diesem Element der Vorbereitung liegt einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren des Projektes – und einer der Gründe, warum es solch eine besondere Stellung einnimmt. Es ist nämlich nicht das Produkt einer spontanen Eingebung eines kreativen Gründerkopfes, sondern das Resultat planvoller Überlegungen unter Berücksichtigung modernster Geschäfts- und Innovationsmodelle. So griffen die Macher unter anderem auf das von mir entwickelte VOPA-Modell zurück.

Wie bei allen Handelskonzernen üben die Digitalisierung und die damit verbundenen Transformationsprozesse einen erheblichen Druck auf Bonprix und den Mutterkonzern Otto aus. Es ist allerdings geradezu vorbildlich, wie die Hamburger sich dabei den Herausforderungen stellen.

Golden Circle mit VOPA: Bonprix beantwortet das Why, How und What

So schult das Unternehmen seit 2017 konsequent alle Führungskräfte und Mitarbeiter und beschäftigt sich dabei aktiv mit dem Golden Circle von Simon Sinek. In dessen Zentrum steht immer die Frage nach dem Warum? „Start with Why“, lautet seit 2011 die Devise des US-amerikanischen Journalisten, Autoren und Redners (auf Deutsch ist sein Buch unter dem Titel „Frag immer erst, warum“ erschienen). Sinek ist davon überzeugt, dass alle inspirierenden Leader der Welt eines gemeinsam haben: Sie eint ein starkes Warum.

Diese Frage liegt deshalb im Zentrum seines Golden Circle. Warum tun wir, was wir tun? Warum produziert ein Unternehmen dieses Produkt? „Außen ist das Was: die Hard Facts, das Produkt, Zahlen, Daten. Diese Ebene ist mit der Ratio des Menschen verbunden“, fassen die Newworkstories das Konzept zusammen. „Weiter innen liegt der Kreis des Wie: Die Art und Weise, wie wir das Produkt herzustellen und verkaufen, wie wir arbeiten und Leistung erbringen.“

Bonprix beantwortet das Why, How und What mit VUCA, VOPA und Methoden wie Design Thinking, FedExDays (und einigen mehr). Mich begeistert dabei natürlich vor allem der Aspekt, wie konsequent und pragmatisch mein VOPA-Konzept angewendet wird. Dieser Ansatz beruht auf der Überzeugung, dass Leadership im Digitalzeitalter in erster Linie auf Vertrauen basiert und sich aus den Komponenten Vernetzung, Offenheit, Partizipation und Agilität zusammensetzt. „Seit wir konsequent alle Mitarbeiter mit den Ideen hinter VOPA vertraut machen, erleben wir, wie im gesamten Unternehmen hierarchieübergreifend offener kommuniziert wird und neue agile Formen der Zusammenarbeit entstehen, wie zum Beispiel interdisziplinär besetzte Projekte und der Einsatz agiler Methoden“, erzählte mir kürzlich Bonprix Agile Coach Thomas Jorré.

In diesem konkreten Fall wurde das Projekt hochvernetzt, cross-funktional gestaltet, um allen Mitarbeitern genügend Raum für Vernetzung zu bieten und intern extrem schnell Ideen generieren zu können und in einem ständigen, produktiven und kreativen Austausch mit den Kollegen stehen zu können.

Offenheit bedeutet in diesem Fall, dass Führungskräfte mit Informationen transparent umgehen. Ein Angestellter sollte zu jeder Zeit Zugang zu allen Informationen haben, die er für einen guten Job benötigt.

Partizipation und Vernetzung (offline wie online) sind Grundelement des Geschäfts

Unter Partizipation lässt sich in solch einem Modell nur verstehen, dass ein echter Leader sein Team an seinen Entscheidungen teilhaben lässt. Das bedeutet immer auch ein Stück weit einen Kontrollverlust für die Hierarchie. Mit diesem ist er zudem konfrontiert, wenn es um das agile Arbeiten geht. Die Mitarbeiter sollen so selbstverantwortlich wie möglich ihren Job machen können.

Was mich besonders begeistert, ist nun der Umstand, dass Bonprix die VOPA-Leitlinien genau auf seinen neuen Pilot Store übertragen hat. So ist Vernetzung (offline wie online) so etwas wie das Grundelement des Geschäfts. Offenheit und Partizipation beschreiben den Entwicklungs- und Entstehungsprozess des neuen Stores mehr als treffend und ohne schnelle, agile Iterationen hätte der Store wohl noch lange keine Eröffnung gefeiert.

Mit der Eröffnung des Stores ist die Arbeit für die Hamburger aber noch lange nicht getan. „Wir werden ganz viel wahrnehmen und lernen, unsere Eindrücke direkt in unser Konzept einfließen lassen und den Store ständig weiterentwickeln“, zitiert W&V Daniel Füchtenschnieder, der als Geschäftsführer der Bonprix Retail GmbH für die Entwicklung und Realisierung des Store-Konzepts verantwortlich ist. Es ist lediglich eine Zwischenstation. Wie schrieb der damalige Otto-Vorstand Hans-Otto Schrader im Vorwort meines Buches „Management by Internet“ so treffend dazu: „Wir bei Otto werden und müssen uns noch mehr auf die Vernetzungswerkzeuge wie Vernetzung, Offenheit und Partizipation einlassen, weil wir davon überzeugt sind, dass hierin eine wichtige Antwort auf die Frage liegt, die wir uns in den aktuellen und auch in den kommenden Turbulenzen stellen werden. Wir wollen und werden vorbereitet sein.“

Auch das ist State-of-the-Art-Management. Schließlich geht es durch ein ständiges Lernen, Testen und Analysieren darum, jeden Tag besser zu werden. Nur so kann VOPA tatsächlich helfen, in unserer VUCA-Welt erfolgreich zu bestehen. Oder, um es mit den Worten des Bonprix-Geschäftsführers Rien Jansen zu sagen, der den Transformationsprozess des Unternehmens wie folgt beschreibt: „Wir haben uns von der Raupe in einen Schmetterling verwandelt.“

Über den Autor: Willms Buhse

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Dr. Willms Buhse, CEO und Gründer von doubleYUU, bringt mit Digital Leadership die Innovationen des Silicon Valley in die Büros der deutschen Führungsetagen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Top-Manager zählen zu seinen Kunden. Er hält Vorträge in Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an deutschen Elite-Universitäten in Berlin, München oder Hamburg. Dr. Willms Buhse gilt über deutsche Grenzen hinaus als Vordenker der digitalen Elite. Wie kein Zweiter versteht er es, Ideen und Impulse aus der digitalen Welt auf die Realität deutscher Unternehmen zu übertragen.