Kontrovers: Das Für und Wider des Verbotes von ChatGPT und KI in Unternehmen

In der Ära der digitalen Transformation hat die künstliche Intelligenz (KI) mittlerweile ihren festen Platz eingenommen und kontinuierlich Innovationen hervorgebracht, die Unternehmen in ihrer Arbeit revolutionieren. Eine solche Innovation ist das Large Language Model (LLM) ChatGPT, ein hochentwickeltes KI-gesteuertes Sprachmodell, entwickelt von dem US-amerikanischen Unternehmen OpenAI. Trotz der beeindruckenden Fähigkeiten dieser Technologie haben Unternehmen wie Apple, Amazon, Samsung oder JPMorgan Chase, Bank of America, Citigroup, Deutsche Bank, Wells Fargo and Goldman Sachs jüngst ihre Mitarbeiter angewiesen, die Nutzung von ChatGPT für interne Zwecke zu unterlassen. Im Folgenden beleuchten wir die möglichen Gründe für diese Entscheidung, bewerten jedoch auch ihre Glaubwürdigkeit und potenziellen Auswirkungen.

Pro: Datenschutz und Vertraulichkeit

Die Sorge um den Schutz sensibler Unternehmensdaten ist ein wichtiger Aspekt und ein überzeugender Grund für ein international tätiges Unternehmen, die Nutzung von ChatGPT einzuschränken. KI-Modelle wie ChatGPT verarbeiten und generieren Inhalte basierend auf Dateninput, und es besteht das – wohlgemerkt theoretische – Risiko, dass vertrauliche Informationen unbeabsichtigt preisgegeben werden könnten. Die Folgen eines solchen Datenverlusts könnten katastrophal sein, von rechtlichen Problemen bis hin zu erheblichen finanziellen Verlusten. Man denke nur an neueste Appleprodukte vor ihrer offiziellen Ankündigung oder das geheime Wissen um das Design von Militärflugzeugen.

Allerdings ist es wichtig zu bemerken, dass fortschrittliche KI-Modelle wie ChatGPT speziell entworfen sind, um solche Sicherheitsbedenken zu minimieren. ChatGPT ist beispielsweise ein generatives Modell, das nicht spezifisch auf die Eingabedaten zurückgreift oder sie speichert. Insofern ist das Risiko einer unbeabsichtigten Offenlegung vertraulicher Informationen relativ gering, obwohl es nicht vollständig ausgeschlossen werden kann. Lernen können diese Modelle allerdings von den Fragen und Nachfragen der Nutzer.

Um eventuellen Bedenken entgegenzuwirken, fügte OpenAI beispielsweise im April die Möglichkeit für ChatGPT-Benutzer hinzu, den Chatverlauf zu deaktivieren, was nicht nur einen Chat aus der Seitenleiste der ChatGPT-Benutzeroberfläche ausblendet, sondern auch verhindert, dass Chats mit deaktiviertem Verlauf zum Trainieren von OpenAIs Modellen verwendet werden.

OpenAI sagte in diesem Zusammenhang, dass es Unterhaltungen noch 30 Tage lang aufbewahren würde, wenn der Verlauf deaktiviert ist, und es wird die Möglichkeit haben, sie „bei Bedarf zu überprüfen, um Missbrauch zu überwachen, bevor sie dauerhaft gelöscht werden“, so das von Microsoft unterstützte Unternehmen.

In der gleichen Ankündigung sagte OpenAI auch, dass es zeitnah eine Business-Version von ChatGPT auf den Markt bringen würde, die Unternehmen mehr Kontrolle über die Verwendung ihrer Daten bietet – damit meint OpenAI höchstwahrscheinlich, dass die Business-Variante von ChatGPT Konversationen nicht zum Training seiner LLMs verwenden wird. Also letztlich eine Frage des Vertrauens, das schon oft von kommerziell getriebenen Internetkonzernen wie Meta & Co. enttäuscht wurde.

Contra: Einschränkung der Innovation

Die Beschränkung fortschrittlicher KI-Tools kann selbstverständlich auch als Hemmnis für Innovation angesehen werden. Technologien wie ChatGPT haben das Potenzial, Arbeitsabläufe zu optimieren und Mitarbeiter von zeitaufwendigen Aufgaben zu entlasten. Eine Unternehmenspolitik, die solche Tools verbietet, könnte als Zeichen von Widerstand gegen den technologischen Fortschritt gesehen werden.

Dieses Argument ist zwar auf den ersten Blick überzeugend, allerdings ist es auch möglich, dass Unternehmen wie Apple die Notwendigkeit sehen, ihre eigene KI-Technologie zu entwickeln und zu kontrollieren, um eine bessere Integration in ihre bestehenden Systeme und eine stärkere Anpassung an ihre spezifischen Anforderungen zu gewährleisten.

Pro: Kontrolle über eigene Technologie

Ein möglicher Vorteil des Verbots von KI-Tools Dritter besteht darin, dass Unternehmen die volle Kontrolle über ihre eigene Technologie behalten können. Es besteht die Möglichkeit, dass diese Unternehmen an ihren eigenen LLM-Sprachmodellen arbeiten, um mit Produkten wie ChatGPT konkurrieren zu können. Indem sie den Einsatz von Drittprodukten einschränken, könnten sie den Weg für ihre eigenen, maßgeschneiderten Lösungen ebnen.

Allerdings ist die Entwicklung eigener KI-Modelle eine kostspielige und zeitintensive Aufgabe, die nicht immer die erwarteten Ergebnisse liefert. Zudem kann das Verbot bestehender, erprobter Technologien die Produktivität und Effizienz von Mitarbeitern beeinträchtigen, die bereits an die Nutzung dieser Tools gewöhnt sind.

Aber genau deswegen erleben gerade Chiphersteller eine absolute Hochphase wenn alle größeren Unternehmen eigene KI-Clouds beginnen aufzubauen.

Contra: Verlust der Flexibilität

Schließlich könnte das Verbot von ChatGPT und ähnlichen Tools die Flexibilität von Unternehmen einschränken. Durch das Verbot wird verhindert, dass Mitarbeiter auf eine Vielzahl von KI-gestützten Tools zugreifen können, die helfen könnten, die Produktivität zu steigern und ihre Effizienz wesentlich zu verbessern.

Trotz dieses Arguments ist es wichtig zu bemerken, dass ein Management möglicherweise ein umfassenderes Verständnis für die strategischen Ziele des Unternehmens hat. Ein kurzfristiger Verlust an Flexibilität könnte in einigen Fällen ein notwendiger Schritt sein, um langfristige Ziele zu erreichen, insbesondere wenn es darum geht, proprietäre Technologien zu entwickeln und zu schützen. Das Bewusstsein über derartige Strategien in die Organisationen zu tragen ist in diesem Zusammenhang von größter Wichtigkeit. Digital Leadership, also die Führung im digitalen Zeitalter, spielt eine entscheidende Rolle in diesem Kontext. In Zeiten rasanter technologischer Entwicklungen und der zunehmenden Integration von KI-Tools in Geschäftsprozesse müssen Führungskräfte nicht nur über fundiertes technisches Wissen verfügen – möglichst natürlich mit KI-Bezug, sondern auch in der Lage sein, eine klare Vision und Strategie für die digitale Transformation ihres Unternehmens zu entwickeln und zu kommunizieren. Einige spezifische Aspekte, in denen Digital Leadership helfen kann, sind unter anderem:

  • Strategische Entscheidungsfindung: Ein guter digitaler Leader versteht die Möglichkeiten und Risiken, die mit dem Einsatz von KI-Tools wie ChatGPT verbunden sind. Sie können fundierte Entscheidungen darüber treffen, wann und wie solche Tools eingesetzt werden sollten, um sowohl kurzfristige Effizienzgewinne als auch langfristige strategische Ziele zu erreichen.
  • Förderung von Innovation: Digitale Führungskräfte ermutigen zur Experimentierfreude und zur Nutzung neuer Technologien, um innovative Lösungen für Geschäftsprobleme zu finden. Sie schaffen eine Kultur, in der das Lernen und Anwenden neuer Tools und Techniken gefördert wird, und sorgen so dafür, dass das jeweilige Unternehmen so an der Spitze des technologischen Fortschritts bleiben kann.
  • Change-Management: Veränderungen, insbesondere solche, die mit digitaler Transformation verbunden sind, können für Mitarbeiter oft beängstigend und verwirrend sein. Digital kompetente Führungskräfte spielen in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung ihrer Teams während der oftmals schwierigen Übergangsphasen, indem sie klare Kommunikation und Ausbildung bieten, um Ängste abzubauen und die Akzeptanz neuer Technologien zu fördern.
  • Datenschutz und Ethik: In der heutigen digitalen Welt sind Fragen des Datenschutzes und der Ethik wichtiger denn je. Digitale Leader müssen sicherstellen, dass der Einsatz von KI-Tools im Einklang mit den geltenden Datenschutzbestimmungen und ethischen Standards erfolgt. Sie müssen auch in der Lage sein, diese Prinzipien an ihre Teams zu kommunizieren und sie zur Einhaltung dieser Standards zu ermutigen.

Letztendlich existieren eine Reihe von überzeugenden Argumenten sowohl für als auch gegen den Einsatz von KI-gesteuerten Tools wie ChatGPT. Jedes Unternehmen muss diese Argumente situativ und sorgfältig abwägen, um die Entscheidung herbeizuführen, welche Strategie am besten zu seinen spezifischen Zielen und Umständen passt. Es wird interessant sein zu beobachten, wie sich das Verhalten von Unternehmen diesbezüglich weiterentwickelt und welche Auswirkungen diese Technologie auf die Zukunft von speziell führenden Unternehmen hat.

Für genau diese Fragestellungen hat doubleYUU eine KI-Potenzialanalyse entwickelt, deren Prozess wir sowohl in einem zugehörigen Blog-Artikel als auch in unserem neuen KI-Leadership-Whitepaper vorstellen. Bei Rückfragen stehen wir selbstverständlich auch gerne persönlich zur Verfügung.

Habt Ihr Lust bekommen auf die Themen künstliche Intelligenz (KI), Digital Leadership, digitale Transformation und agile Organisationsentwicklung? Dann freuen wir uns auf Eure Kontaktaufnahme.

Über den Autor: Willms Buhse

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Dr. Willms Buhse, CEO und Gründer von doubleYUU, bringt mit Digital Leadership die Innovationen des Silicon Valley in die Büros der deutschen Führungsetagen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele Top-Manager zählen zu seinen Kunden. Er hält Vorträge in Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an deutschen Elite-Universitäten in Berlin, München oder Hamburg. Dr. Willms Buhse gilt über deutsche Grenzen hinaus als Vordenker der digitalen Elite. Wie kein Zweiter versteht er es, Ideen und Impulse aus der digitalen Welt auf die Realität deutscher Unternehmen zu übertragen.